Die Jachenau – ein langgestrecktes, stilles Hochtal zwischen Walchensee und Isarwinkel – ist eine dieser bayerischen Landschaften, in denen die Zeit langsamer zu vergehen scheint. Fernab von Autolärm und Trubel zieht sich die kleine Straße durchs Tal, vorbei an grünen Wiesen, verstreuten Höfen und dem ruhigen Flusslauf der Großen Laine. Es ist ein Ort, der zur Ruhe einlädt – und zur Entdeckung.

Aufbruch am Schützenhaus

Die Wanderung beginnt am Parkplatz nahe dem Schützenhaus in der Ortsmitte der Jachenau. Bereits hier umfängt einen die besondere Atmosphäre dieses Ortes: Die frische Bergluft trägt das Rauschen der Laine herüber, die ersten Vogelstimmen hallen aus dem Wald. Man überquert eine kleine Brücke, dann beginnt der Pfad – zunächst gemächlich, fast unauffällig – in einen lichten Bergwald zu steigen.

Am Fluss entlang in den Wald

Der Weg verläuft von Anfang an entlang der Großen Laine, einem glasklaren Gebirgsbach, der in den Hochlagen unterhalb der Benediktenwand entspringt. Immer wieder öffnen sich kleine Fenster zwischen den Bäumen und geben den Blick frei auf den Bach, der sich zwischen Felsblöcken hindurchschlängelt, über moosige Kaskaden springt und leise vor sich hin murmelt. Gerade an heißen Sommertagen ist dieser Abschnitt eine Wohltat: Im Schatten der Bäume wandert man entspannt auf einem schmalen Pfad dahin, immer mit dem leisen Wasserrauschen im Ohr.

Durch Lichtungen und über Weiden

Nach etwa einer halben Stunde wechselt die Szenerie – der Weg wird offener, eine erste kleine Brücke führt über das Bachbett. Der Wald tritt etwas zurück, stattdessen öffnet sich eine Wiesenlichtung mit Weidegattern. Hier lohnt es sich, kurz innezuhalten, denn der Blick reicht weit zurück ins Tal und hinauf in die Berge, wo sich die Benediktenwand in den Himmel reckt. Kühe grasen gemütlich am Hang, und wenn man Glück hat, begegnet man hier vielleicht einem der freundlichen Hütehunde, die das Vieh im Blick behalten.

Ein Wald wie aus dem Märchenbuch

Von nun an geht es auf einem gut ausgebauten Forstweg weiter, der leicht ansteigt. Er führt durch einen Mischwald, der mit seinen Farnen, Lärchen und alten Fichten beinahe märchenhaft wirkt. Besonders im Herbst, wenn die Blätter golden schimmern und sich der Nebel durch das Tal zieht, entfaltet dieser Abschnitt eine ganz eigene Magie. Im Frühjahr hingegen begleiten einen das Zwitschern der Vögel und das zarte Grün der frischen Blätter – ein erwachender Wald, voller Leben.

Einkehr auf der Lainlalm

Bald erreicht man einen Abzweig, der zur Lainlalm führt – eine kleine, urige Alm, die im Sommer bewirtschaftet ist. Hier duftet es nach Heu, nach frischer Buttermilch und manchmal sogar nach frisch gebackenem Kuchen. Die Lainlalm liegt wunderschön eingebettet in eine kleine Senke, eingerahmt von Bergrücken, von denen das Wasser des Glasbachs herabstürzt. Wer möchte, kann sich hier auf einer der rustikalen Bänke niederlassen, ein kühles Getränk genießen und einfach nur die Ruhe wirken lassen.

Das letzte Stück zum Wasserfall

Doch der eigentliche Höhepunkt der Wanderung liegt noch ein paar Minuten weiter oben. Vom Almgarten führt ein schmaler Pfad durch den Wald, über einen kleinen Holzsteg und schließlich über einen moosbedeckten Hang zum Wasserfall. Der letzte Abschnitt ist etwas steiler und kann bei Nässe rutschig sein – festes Schuhwerk ist hier Pflicht. Dann steht man vor ihm: dem Glasbach-Wasserfall, auch als Lainltal-Wasserfall bekannt. Tosend stürzt das Wasser über felsige Stufen in die Tiefe, um sich darunter in einem kleinen, klaren Becken zu sammeln.

Ein Ort, der alle Sinne berührt

Der Wasserfall ist ein Ort, an dem man verweilen möchte. Ein Ort, der durch seine Kraft und Wildheit beeindruckt – und gleichzeitig eine stille Schönheit ausstrahlt. Wer sich die Zeit nimmt, das Rauschen zu hören, die feinen Details zu entdecken – die Gischt auf den Blättern, das Spiel des Lichts auf dem Wasser – wird reich belohnt.

Der Rückweg durchs stille Tal

Der Rückweg kann auf zwei Arten erfolgen. Die klassische Variante folgt dem bekannten Pfad zurück ins Tal – über die Lainlalm, durch den Wald, entlang der Großen Laine. Alternativ bietet sich auch die Forststraße an, die sanfter verläuft und sich besonders eignet, wenn man mit Kindern oder Kinderwagen unterwegs ist. Beide Wege führen zurück in den Talgrund, wo das Schützenhaus bereits wieder in Sicht kommt.

Spuren aus uralten Zeiten

Die Wanderung ist nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern auch kulturell interessant: Unweit der Lainlalm finden sich geologische Spuren aus einer längst vergangenen Zeit – versteinerte Muscheln aus der Urzeit, eingebettet in die Felsen rund um die Alm. Wer genau hinschaut, kann hier Zeugen einer Welt entdecken, die vor über 200 Millionen Jahren existierte.

Was mit in den Rucksack gehört

Was die Ausrüstung betrifft, so gilt: Weniger ist manchmal mehr – aber auf das Wesentliche sollte man achten. Gutes, eingelaufenes Schuhwerk ist ein Muss, besonders für den letzten Abschnitt zum Wasserfall. Ein leichter Rucksack mit Getränken, kleinen Snacks und vielleicht einem Handtuch für die Abkühlung reicht vollkommen. Wanderstöcke können bei feuchtem Wetter hilfreich sein, ebenso eine Regenjacke, da das Wetter in den Bergen schnell umschlagen kann. Für Familien mit Kindern lohnt sich eine Kraxe oder Babytrage – der Weg ist zwar nicht durchgehend kinderwagentauglich, aber gut machbar mit etwas Planung. Und wer seinen Hund mitnimmt, sollte an Leine, Trinknapf und ein Handtuch denken – denn im Bach wird jeder Vierbeiner gerne einmal nass.

Die beste Zeit für ein stilles Erlebnis

Die beste Zeit für diese Wanderung ist von Mai bis Oktober. Im Frühjahr führt der Wasserfall besonders viel Wasser, im Sommer spendet der Wald Schatten und bietet angenehme Temperaturen. Im Herbst taucht das bunte Laub die Landschaft in warmes Licht. Auch im Winter ist die Route begehbar, sofern kein zu tiefer Schnee liegt – dann allerdings sollte man Grödel oder Schneeschuhe mitführen und den Zustand der Wege gut prüfen.

Heimkehr mit vollem Herzen

Zum Abschluss bietet sich eine Einkehr im Gasthaus Schützenhaus an – direkt beim Parkplatz gelegen, mit Sonnenterrasse und bayerischer Küche. Hier kann man den Wandertag gemütlich ausklingen lassen – vielleicht bei einem kühlen Bier oder einem Stück Zwetschgendatschi.

Die Wanderung von Jachenau zum Glasbach-Wasserfall ist ein echter Geheimtipp – nicht spektakulär im Sinne großer Gipfel oder schwindelerregender Höhen, aber voller stiller Schönheit. Es ist die Mischung aus Wasser, Wald und Wiese, die den Reiz ausmacht – und das Gefühl, für ein paar Stunden ganz im Einklang mit der Natur unterwegs zu sein. Wer dieses Tal durchwandert, wird verstehen, warum die Jachenau für viele ein Sehnsuchtsort ist – ein Fleckchen Erde, das auch beim zweiten und dritten Besuch noch neue Facetten offenbart.