Mit Vollgas durchs Winterwunderland – Unsere Schneemobil-Tour in Inari
Der Montagmorgen begann eisig, aber voller Vorfreude. Es war unser vierter Tag in Inari, und heute stand ein echtes Highlight auf dem Plan: eine Schneemobil-Tour über die gefrorenen Weiten des Inarisees und durch die tief verschneiten Wälder Lapplands.
Schon gegen 10 Uhr machten wir uns auf den Weg zur Basis von Lake & Snow Safaris, direkt in der Nähe des Sees gelegen. Dort empfing uns ein kleines Team gut gelaunter Guides, die trotz der klirrenden Kälte ein Lächeln im Gesicht trugen. Wir hatten die Tour schon vorab über VisitInari.fi gebucht, und nun standen wir dort, in gespannter Erwartung auf unser kommendes Abenteuer – mit einer leichten Nervosität im Bauch und der Frage im Kopf: Wie fährt man eigentlich so ein Schneemobil?
Einkleiden fürs arktische Abenteuer
Bevor es losgehen konnte, hieß es: Umziehen! In einem beheizten Holzhaus wurden uns die passenden Overalls gereicht – dick gefüttert, winddicht und absolut arktistauglich. Einige Mitreisende bekamen noch besonders isolierte Schuhe, andere Handschuhe, Sturmmützen oder Helme. Alles war durchdacht und wir fühlten uns sofort gut aufgehoben.
Schon während des Einkleidens herrschte eine fröhliche, fast aufgeregte Stimmung. Es war ein bisschen wie vor einem Schulausflug – nur deutlich kälter und mit deutlich mehr PS. Nach dem letzten Reißverschluss und dem finalen „Sitzt der Helm gut?“ ging es dann endlich raus.
Die Einweisung – ein bisschen Theorie, viel Respekt
Draußen standen sie schon bereit: die Schneemobile – glänzend, kraftvoll, wartend. Jeder von uns bekam ein eigenes oder teilte sich eins mit einem Partner. Unsere Guides hielten eine kurze, aber sehr präzise Einweisung zur Bedienung: Gasgeben mit dem Daumen, Bremsen mit dem Hebel, Balance halten beim Kurvenfahren, Abstand wahren – und ganz wichtig: niemals die Spur verlassen.
Sie erklärten uns die „goldene Regel“ des Schneemobilfahrens in Lappland:
„Stay on the trail – off the trail is wilderness and reindeer.“
Nach ein paar Trockenübungen und einem prüfenden Blick des Guides war es dann soweit. Wir starteten die Motoren – ein dumpfes, knurrender Klang durchbrach die Stille des Morgens – und rollten langsam los. Es war soweit.
Über Eis und Schnee – erster Stopp: Ukkoinsel
Die Schneemobile glitten mit erstaunlicher Leichtigkeit über das Eis des Inarisees. Vor uns: eine endlose weiße Fläche, umrahmt von dunklen Baumgruppen und weichen Hügeln. Der Himmel war milchig-grau, aber die Sicht gut, der Schnee frisch – und das Gefühl? Unbeschreiblich.
Der Fahrtwind war eisig und biss uns trotz der warmen Kleidung ins Gesicht, aber wir waren voller Adrenalin. Nach wenigen Minuten hatte man das Fahrzeug schon gut im Griff, und plötzlich war da nur noch: Freiheit. Geschwindigkeit. Natur.
Unser erster Halt war die kleine Insel Ukko, eine Erhebung mitten im See, von spiritueller Bedeutung für das indigene Volk der Samen. Dort hielten wir kurz an, genossen die Stille, machten ein paar Fotos – und wärmten uns mit heißem Beeren-Saft, den einer der Guides aus seinem Rucksack zauberte.
Weiter zum Winterdorf – tief in den Wald
Nach einer kurzen Pause ging es weiter. Wir fuhren nun abseits des offenen Sees, hinein in die Wälder. Der Trail wurde schmaler, kurviger – der Schnee tiefer. Die Schneemobile meisterten jede Steigung und jede enge Passage mit beeindruckender Leichtigkeit. Die Tannen links und rechts waren mit schwerem Pulverschnee beladen, manche bogen sich darunter bis auf den Boden.
Es war wie eine Fahrt durch ein Wintermärchen, so unwirklich schön, dass man manchmal fast vergessen hätte zu atmen – wenn der Fahrtwind nicht sowieso schon die Luft aus der Lunge gezogen hätte.
Ziel dieses Abschnitts war das sogenannte „Winter Village“ – eine abgelegene Ansammlung alter Holzhütten, ein Ort, der wirkt wie aus einer anderen Zeit.
Pielpajärvi – eine Kirche im Nirgendwo
Dort, mitten im Wald, stand sie: die Pielpajärvi-Kirche, oder wie die Finnen sagen: Pielpajärven erämaakirkko – die Wildniskirche.
Diese alte Holzkirche stammt aus dem 18. Jahrhundert und gehört zu den ältesten sakralen Bauwerken Lapplands. Früher war sie Zentrum des religiösen Lebens für die samische Bevölkerung, auch wenn sie heute nur noch für Hochzeiten, Taufen und besondere Anlässe genutzt wird.
Ein Guide erzählte uns, dass man sie nur im Winter mit Schneemobil oder Skiern und im Sommer über eine 4 Kilometer lange Wanderung erreichen kann – es gibt keinen Zufahrtsweg, keine Elektrizität, kein fließendes Wasser. Sie steht einfach da – still, einsam, unerschütterlich – und erzählt ihre Geschichten aus einer längst vergangenen Zeit.
Wir betraten sie in kleinen Gruppen. Innen war es kalt, aber warm zugleich. Die Bänke aus grob behauenem Holz, die Kanzel schlicht, die Fenster klein. Keine Pracht, keine Verzierungen. Und dennoch: eine Ruhe, die einem unter die Haut ging.
Lagerfeuer und Mittagessen im Schnee
Draußen hatten die Guides inzwischen ein kleines Lagerfeuer entfacht. Es roch nach Rauch und Kiefernholz, und über der Flamme brodelte eine Kanne mit heißem Kaffee. Dazu gab es ein einfaches, aber wohlschmeckendes Essen – Rentierwurst mit Brot und eine heiße Suppe.
Wir saßen auf Fellen im Schnee, wärmten die Hände an Blechtassen, schauten in die Flammen – und spürten ein tiefes Glück. Es braucht nicht viel: ein gutes Feuer, eine heiße Suppe, ehrliche Kälte und ehrliche Menschen.
Einer der Guides erzählte während des Essens von seinem Leben dort oben. Wie es ist, im Winter Wochen ohne Sonne zu verbringen, und warum er trotzdem nirgendwo anders leben möchte. „You get peace here“, sagte er nur. Und wir nickten.
Rückfahrt – und das Gefühl von Weite
Nach dem Essen packten wir alles wieder zusammen, hinterließen den Platz so sauber, wie wir ihn vorgefunden hatten, und machten uns auf den Rückweg. Die Sonne stand nun schon tiefer, warf ein weiches Licht auf den Schnee.
Die Rückfahrt fühlte sich anders an. Ruhiger. Vielleicht ein bisschen erschöpft, aber zufrieden. Die Motoren summten, die Schneemobile zogen ihre Spuren über das weite Eis – und in uns breitete sich eine wohltuende Stille aus.
Wieder zurück in Inari
Am späten Nachmittag erreichten wir die Basisstation. Wir stiegen ab, gaben unsere Kleidung zurück und verabschiedeten uns von den Guides. Ein Händedruck, ein Lächeln, ein letztes „Kiitos!“ – und dann ging es zurück in unsere kleine Hütte.
Unsere Gesichter waren rot von Wind und Kälte, unsere Körper erschöpft – aber unsere Köpfe voll mit Bildern, die wir nie vergessen werden: die alten Holzbalken der Kirche, das Knirschen des Schnees unter den Schuhen, das Gefühl von Geschwindigkeit und Weite, die Ruhe nach der Fahrt.
Diese Tour war mehr als nur ein Ausflug. Sie war eine Reise in eine andere Welt.
